Wohlfühlfaktor Wohnumfeld / TMVO Reimann /
Arbeiten für die Wohnungswirtschaft

Regina Niemann – Kunstkritikerin

Über meine Arbeiten im öffentlichen Raum  ...

Der urbane Raum erfährt in der Gegenwart eine gewaltige Veränderung in seiner sozialen und ästhetischen Gestaltung. Ästhetik und Architektur öffentlicher Räume bewirken auch zunehmend eine soziale Spaltung. Wohngebiete grenzen sich voneinander ab. Andererseits werden die Zentren der Städte Aktionsbühnen für eine Kunst, die diesen Prozess reflektiert, die provoziert und als Stöhr Feld auftritt.

Gleichzeitig entstehen immer stärker überwachte und kontrollierte Räume, die im Gegensatz stehen zum Individualisierungsprozess unserer Gesellschaft. Der Ort, an dem die Menschen wohnen, wird also immer
bedeutender für ihr Befinden, für ihre Erholung, für ihre Gesundheit, eingeschlossen das Alter, da die familiäre
Zuwendung schon lange nicht mehr traditionell möglich ist. Aber diese konträre Entwicklung findet statt in einem historisch gewachsenem Raum, in dem traditionelle Sehgewohnheiten und Erwartungen eine große Rolle spielen. Deshalb begleitet fast jedes moderne Kunstwerk im öffentlichen Raum eine kontroverse, oft unangemessen heftige Diskussion einschließlich mutwilliger Beschädigung.


Reimann lässt sich ganz und gar auf diese Gratwanderung der Kunst im öffentlichen Raum ein. Durch seine langjährige Arbeit auf diesem Gebiet entwickelte er ein besonderes Gespür für Material und Raum.
Raum bedeutet ihm immer auch seelischen Ort. Und Mensch bedeutet ihm immer auch soziales Wesen.
Und das Imaginäre, die Schizophrenie unserer Zeit, das Unberechenbare der Auftragssituation stacheln seine
Phantasie eher an als dass sie ihn behindern. Der schöpferische Prozess findet auch vor Ort statt, auch im
Spannungsfeld der technischen Umsetzung auch mit den Menschen – das heißt mit den Machern und Nutzern.
1953 geboren, blickt er auf fast 40 Jahre künstlerische Arbeit zurück.

Seine Skulpturen und Grafiken, sein Design und seine Objekte und Ensembles im Freiraum und viele ungewöhnliche Aktivitäten zeigen einen Menschen, dessen kreative Leidenschaft sich steigert, je größer die Herausforderung des künstlerischen Anliegens ist. Dafür hat er inzwischen auch ein unglaublich großes
Repertoire an Material und Techniken ausprobiert und entwickelt. Zum Beispiel verwendet er kühn die wissenschaftlichen Ergebnisse in der textilen Materialforschung für seine Glas-Monotypien.

Ansonsten arbeitet er in Naturstein, Silber, Bronze, Edelstahl, Glas, Stein-Glas Kombination, Messing, Zink.
Und auch da entstehen immer neue Kombinationen. Am Beispiel der Gestaltungen in Hoyerswerda ist nachvollziehbar, wie er sich auf eine Stadt und ihre Bewohner, ihre kulturpolitische Situation und regionale Besonderheiten einlässt. Brigitte Reimann ein „Denkmal“ zu setzen, scheint unmöglich, ich meine sie aufschreien zu hören. Und der Raum ist wahrlich nicht ideal in seinen Dimensionen. Aber beide eint eine kraftvolle Sturheit, wenn sie von etwas überzeugt sind. Und so entsteht schließlich eine metaphorische liegende Gestalt, in der sich in Form und Material (Klinker, Stahl, Wasser und Schrift) so zueinander
fügen, dass ein erstaunlich diffiziles, vieldeutiges Ensemble entsteht; sinnlich, provokant, kraftvoll in seiner
Klinkerstruktur, feinsinnig mit der Schrift unter der Wasseroberfläche.

Auch seine anderen Skulpturen und Ensembles in der Stadt zeugen vom Einfühlungsvermögen in die Seele
dieser ungewöhnlichen Stadt, in ihre Geschichte und ihre Verletzungen. Vom geplanten „Paradies“ inmitten eines Wald- und Seengebietes ist nicht viel geblieben, Brigitte Reimann ahnte es. Wenn wir heute die Stahlplattenskulptur vor der Waldsilhouette sehen, spüren wir nicht nur Verlust, es kommt auch etwas Kraftvolles herüber, eine Schönheit, ein Vermächtnis. Interaktive Skulpturengruppe aus Edelstahl PARADIESDOMINO Das „Konrad-Zuse-Haus“ fügt sich in dieses Konzept. Geschichtsbewusstsein entsteht auch über künstlerische Angebote. Sein Gesamtkonzept Hoyerswerda ist in seiner ästhetischen, künstlerischen und sozialpolitischen Haltung beeindruckend und es hat sich auch gezeigt, dass er großen Anteil hat, dass die Kunst kreativ angenommen wird. Die oben geschilderte Entwicklung im Wohnungsbau wird Künstler brauchen, die neue Wege beschreiten. Es werden neben traditionellen Kunstwerken auch Räume entstehen, die der Verarmung der Sinne, der Einsamkeit, der steten Hektik des Alltages etwas entgegensetzen und die gleichzeitig mediale Gewohnheiten berücksichtigen. Reimann ist für diese Zeit, für diese Orte wie geschaffen. Ich kann es nicht besser ausdrücken als Igor A. Jenzen, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, (2006):

"Wenn er zeichnet, fotografiert, formt und gießt, dann tut er das, weil ihm danach ist, weil er das auch wissen will, nicht weil er es zeigen möchte. So ist er. Und schließlich: Wenn er neben all diesen vielfältigen eigenen Schöpfungen auch noch die seiner Freunde und Kollegen in mitunter viel beachteten Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert oder Fachkongresse organisiert, dann zeigt sich, dass er obendrein ein kommunikativer Netzwerker, ein offener Kollege und ein loyaler Freund ist – ein Künstler, der sich nicht als Star, sondern immer als Teil des Ganzen versteht …"

Sich als Teil des Ganzen verstehen, darauf fußt die Ausstrahlung seiner Arbeit. Das fordert Zeit und In-sich-gehen, noch ehe die eigentliche Tätigkeit beginnt, aber es wird belohnt durch die Resonanz der Nutzer und Betrachter.

 
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